Suizidalität im Urlaubsparadies
Kleine Info vorab: Der folgende Text bezieht sich auf einen Beitrag im Slideformat, welchen Du ganz unten auf der Seite findest. Für das bessere Verständnis empfehle ich, Dir diesen vorab durchzulesen.
Achtung: Es folgen sensible Inhalte zum Thema Suizidalität! Achte beim Lesen bitte gut auf Dich und Deine Grenzen. Sollte Dich das Thema sehr berühren, darfst Du mich gerne kontaktieren, damit ich Dir entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten weiterleiten kann.
Als Psychologin gehört das Thema Suizidalität zu meinem Täglichbrot. Die meisten Menschen, welche ich behandle, haben oder hatten Suizidgedanken und manche von ihnen haben bereits einen oder mehrere Suizidversuche unternommen. Jedoch sind die Menschen mit welchen ich arbeite, in aller Regel nicht akut selbstgefährdet, sie stehen dem Leben näher als dem Tod. Als ich 2019 in der Akutpsychiatrie gearbeitet habe, habe ich nochmals eine andere Dimension von Suizidalität kennengelernt. Menschen, welche akut suizidal waren und es nun in den Händen unseren Teams lag, sie wieder zurück ins Leben zu holen. Ich habe mich zu der Zeit häufig gefragt, ob und inwiefern wir uns da etwas anmaßen? Wer darf denn über Leben und Tod entscheiden? Doch das nur am Rande bemerkt.
Ich weiß noch, als ich das erste Mal morgens zur Arbeit kam und die Nachricht übermittelt bekam, dass sich der Patient eines Kollegen trotz aller Bemühungen das Leben genommen hat.
Wir hatten ihn am Tag zuvor entlassen. Ich sprach ihn noch zum Abschied und hatte ein "gutes Gefühl". Er strahlte für mich neuen Lebensmut aus und dann das.
Glücklicherweise hat sich bis heute noch keine/r "meiner" Patient*innen suizidiert, doch ist davon auszugehen, dass dies in meiner Berufslaufsbahn noch passieren wird.
In Theorieworkshops und Selbsterfahrungsseminaren habe ich gelernt, wie ich damit umgehen sollte, wenn Fall X eines Tages eintritt.
Das gibt Sicherheit für eine außergewöhnliche Situation, in welcher wir auf keine bereits eingespielten Handlungsmöglichkeiten zurückgreifen können.
Wieso ich davon erzähle? Um es anders zu machen. Suizidalität ist nicht gerade ein beliebtes Stammtischthema und löst, sollte es doch mal aufkommen, bei den meisten Gefühle von Beklemmung und Überforderung aus. Es ist 2022. Wir sprechen im Internet über Genderqueer, teilen die Schattenseiten des "Mama-Glücks" mit tausenden Fremden und setzen ein Zeichen gegen Rechts.
All diese Themen wurden lange tabuisiert und werden nun zunehmdend "gesellschaftsfähig", durch mutige Menschen, die offen darüber sprechen. Nur wenn wir darüber sprechen und eigenes Erleben sowie wichtige Informationen teilen, kann Wissen entstehen. Wissen formt Bewusstsein und Bewusstsein heilt.
Darüber zu sprechen. Genau das fällt vielen Menschen, welche mit dem Leben hadern, schwer. Ich habe es mir daher angewöhnt, auch Menschen in meinem privaten Umfeld zu fragen, ob und inwiefern Suizidalität ein Thema ist, wenn ich im Wissen darum bin, dass es ihnen gerade außergewöhnlich schlecht geht. Häufig ergab die Antwort keinen Anlass zur Sorge, doch das ein oder andere Mal, stellte ich mir die Frage: Was, wenn ich nicht gefragt hätte?
Suizidalität ist auch im Allgäu ein Thema. Für manche mag es kaum vorstellbar sein, dass sich Menschen, in dieser so heilsamen Region das Leben nehmen. Doch dem ist so, und ich hoffe, ich konnte das mit diesem Beitrag zum Ausdruck bringen.
Mehr zum Thema Suizidalität findest du in einem meiner älteren Beiträge zu diesem Thema. Solltest Du Dich in das Thema weiter einlesen wollen: Der erwähnte Gesundheitsreport als auch die Studie sind beide in vollem Umfang im Internet zu finden. Solltest Du den Eindruck haben, dass diese Informationen mehr Menschen erreichen sollten, freue ich mich wenn Du diesen Beitrag teilst 💛